Die Stadt Zürich unterstützte den Kirchenbau in Egelshofen mit einem namhaften Beitrag (Erni/Raimann 2009, S. 202–204). Gleichzeitig machte sie dorthin mehrere Wappengaben. Ausser dem vorliegenden Werk zählten dazu die Standesscheibe (TG_151) sowie diejenige des Bürgermeisters Hans Jakob Escher (TG_149).
Es existiert ein Rechnungsbeleg für eine von der “Landfriedlichen Kommission” in die Kirche gestiftete Scheibe (Erni/Raimann, 2009, S. 210). Peter Erni und Alfons Raimann vermuten, dass es sich dabei um das vorliegende Glasgemälde handelt. Die betreffende Kommission wurde nach dem zweiten Villmergerkrieg beim 1712 vollzogenen Abschluss des vierten Landfriedens zur Überwachung der konfessionellen Parität und zur friedlichen Beilegung künftiger Streitigkeiten eingesetzt. Darin vertreten waren die evangelischen Stände Zürich und Bern sowie die katholischen Luzern und Uri mit je einem Mitglied. Die vorliegende Scheibe kann demnach unmöglich diese Kommission repräsentieren, handelt es sich doch bei ihren Stiftern durchwegs um Ratsangehörige aus Zürich. Sie dürfte demnach mit der in der Literatur als verschollen bezeichneten Ratsscheibe Zürichs identisch sein, auf der acht Wappen dortiger Ratsherren sowie dasjenige des Ratsschreibers (Sekretärs) zu sehen waren (Leutenegger, 1924). Sie muss mit anderen Worten ursprünglich vier weitere, in einer separaten Reihe angebrachte Ratswappen enthalten haben. Darauf dass sie in ihrer heutigen Form ein Fragment bildet, weisen ihre Masse (27 x 33.2 cm). Rechnet man die abhanden gekommene Wappenreihe von ungefähr 14 Zentimetern Höhe hinzu, dann wird sie einstmals nämlich die gleichen Masse wie die Standesscheibe Zürichs sowie diejenigen Berns und St. Gallens (ca. 41 x 32 cm) besessen haben.
Andreas Meyer (1668–1731) war in Zürich 1710 und 1729 Statthalter sowie 1721 Obmann gemeiner Klöster (Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz, 5/1929, S. 103).
Der Zürcher Rudolf Lavater (1661–1719) war Verwalter der Landvogtei Thurgau (Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz, 4/1927, S. 636). Weil er 1724 nicht mehr am Leben war, stellt sich jedoch die Frage, ob das hier dargestellte Lavater-Wappen auf ihn oder einen seiner Nachkommen (Sohn?) zu beziehen ist.
Johann Ulrich Nabholz (14.2.1667–14.10.1740) von Zürich war ab 1708 Gesandter der reformierten Orte Zürich und Bern im Toggenburg. 1712–1718 amtete er als erster reformierter Landammann im Thurgau. In dieser Funktion überwachte er die Durchsetzung des vierten Landfriedens von 1712 und vollendete 1718 eine Sammlung des thurgauischen Rechts. 1718 und 1723 war er Landvogt zu Baden. In Zürich wurde er 1723 Ratsherr freier Wahl (Historisches Lexikon der Schweiz, 9/2010, S. 56).
Der Zürcher Jurist Hans Caspar Escher vom Glas (15.2.1678–23.12.1762) nahm als Major am Zweiten Villmergerkrieg teil. 1718–1723 amtete er als Vogt zu Kyburg und 1724 wurde er Zunftmeister zur Zimmerleuten. 1740–1762 übte er in Zürich das Bürgermeisteramt aus (HLS, 4/2005, S. 297).
Das Wappen des Sekretärs dürfte dasjenige von Salomon Hirzel (4.7.1671–20.2.1744) aus Zürich sein, der 1720–1728 als Vogt zu Meilen wirkte (HLS, 6/2007, S. 383).
Der Zyklus für die neuerbaute Kirche von Egelshofen dürfte ursprünglich knapp zwei Dutzend Glasgemälde umfasst haben. Nach einer Beschreibung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts waren damals die einzelnen Scheiben je zu zweit auf die in der Kirche von 1724 vorhandenen zehn Rundfenster verteilt (zwei Rundfenster an der Ost- sowie je vier an der Nord- und Südseite; vgl. Erni/Raimann 2009, S. 204, Abb. 182, 184). Peter Erni und Alfons Raimann gehen davon aus, dass dies ihrer ursprünglichen Anordnung entsprach. Laut Hermann Strauss sollen die Glasgemälde 1724 hingegen in gleicher Weise in die beiden östlichen Chorfenster eingebaut worden sein, indem in sechs paarweise übereinander geordneten Feldern jeweils je zwei Rundscheiben oben und unten, sowie zwei viereckige Scheiben in der Mitte zur Aufstellung kamen (Strauss 1954). Worauf sich Strauss bei dieser Angabe stützt, lässt sich seinen Ausführungen jedoch nicht entnehmen. Als die Kirche 1862 neue Fenster erhielt, wurden die zu jener Zeit noch existierenden 17 alten Glasgemälde vom Konstanzer Glasermeister Josef Ditz in den beiden Chorfenstern (Ostseite) neu zusammengestellt. Zu einer Umplatzierung kam es erneut beim Kirchenumbau von 1899. Damals wurden die Wappenscheiben vom Zürcher Glasmaler Friedrich Berbig auf die seitlichen Kirchenfenster verteilt. 1954 waren in der Kirche vom einstigen Bestand lediglich noch die elf Glasgemälde zu sehen, welche heute mehrheitlich zu Paaren vereint in die sechs modern verglasten Fenster unter der Orgelempore eingefügt sind. Von den abhanden gekommenen Werken sind insgesamt sechs bekannt. Es handelt sich um eine Scheibe der landsfriedlichen Kommission (vgl. TG_152) sowie um diejenigen von Christoph Hochreutiner (Amtsbürgermeister von St. Gallen), Hans Jakob Züblin (Bürgermeister und Reichsvogt zu St. Gallen), Georg Joachim Zollikofer von Altenklingen (Stadtschreiber von St. Gallen und Schwiegervater von Ammann Olbrechts Sohn Hans Heinrich), Johann Rudolf Albrecht aus Bern (Landammann im Thurgau) sowie um die von Hans Jakob Harder (Richter der Vogtei Eggen und Schwiegervater Johann Heinrich Olbrechts) und Johann Morell (Kirchenpfleger) gemeinsam gemachte Stiftung.
Der stilistisch relativ einheitlich wirkende Scheibenzyklus scheint in einer einzigen Werkstatt in Auftrag gegeben worden zu sein. Die Scheiben des Daniel Herrmann Zollikofer sowie der Stadt Bern und der Stadt Zürich weisen dieselbe Rahmung wie eine von Johann Georg Spengler signierte Scheibe des Kreuzlinger Abtes Georg Fichtel von Landenberg auf (Konstanz, Rosgartenmuseum, Inv. Nr. 1989/A101). Auch für die Scheibe des Priors von Ittingen, Anthelmus Entlin, von 1717 verwendete Spengler dieselbe Rahmung (TG_69). Aufgrund dieser identischen Rahmung sowie der sehr ähnlichen Putten, ist auch der Zyklus in Egelshofen Johann Georg Spengler zuzuweisen. Peter Erni und Alfons Raimann (2009, S. 210) wiesen Hermann Strauss folgend den Zyklus dessen Sohn Josef Anton Spengler zu. Dessen überliefertes Werk besteht jedoch nur aus in Grisaille gemalten Rundscheibchen (Rott, 1926, S. 88).
Die Scheibe wird genannt in:
Büchi, 1890, S. 34.
Leutenegger, 1924, S. 68f., 71.
Strauss, 1954, Nr. 3, Abb.
Raimann/Knoepfli/Hungerbühler, 1986, S. 23, 25.
Stadtrat Kreuzlingen, 1991, S. 203f.
Erni/Raimann, 2009, S. 204, 210 (vermutlich Josef Anton Spengler).