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TG_73: Bildscheibe Prior Johannes Eckstein und Konvent von Ittingen mit der Muttergottes und den Heiligen Laurentius und Bruno
(TG_WarthWeiningen_EhemaligeKartauseIttingen_TG_73)

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Titel

Bildscheibe Prior Johannes Eckstein und Konvent von Ittingen mit der Muttergottes und den Heiligen Laurentius und Bruno

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Erhart, Tobias · signiert
Datierung
1599
Masse
15 x 10.9 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Ein niedriges Podium dient als Standplatz für die Madonna und ihre beiden Begleiter, den hl. Laurentius und den hl. Bruno. Die gekrönte, in ein langes weisses Gewand und einen blauen Mantel gehüllte Gottesmutter erscheint mit der Mondsichel unter ihren Füssen in einer Strahlenglorie. In der Linken ein Zepter haltend, trägt sie auf ihrem rechten Arm den Christusknaben. Rechts neben ihr postiert ist der sein Marterwerkzeug, den Rost, und einen Palmwedel mit sich führende hl. Laurentius in weisser Alba und brauner Dalmatika. Ihm gegenüber postiert ist der Gründer des Kartäuserordens, der hl. Bruno, in seiner Ordenstracht, einem weissen Unter- und Obergewand mit Kapuze. Buch und Olivenzweig, die er in den Händen hält, gehören zu seinen traditionellen Attributen, ebenso Stab und Mitra zu seinen Füssen, die er als Insignien ablehnte. Hinter den beiden Heiligen erheben sich grün kannelierte Pfeiler, die einen eingezogenen rostbraunen Bogen mit engelskopfgeschmückter grüner Scheitelkartusche tragen. Im Oberbild sind vor einer Seelandschaft in gelben Gewändern links Johannes der Täufer und rechts Johannes der Evangelist sitzend mit Lamm beziehungsweise Adler dargestellt.

Iconclass Code
11F4132 · Madonna (in einer Mandorla) auf der Mondsichel (manchmal als Himmelskönigin bezeichnet)
11H(BRUNO) · Bruno, der Gründer des Kartäuserordens; mögliche Attribute: Kreuz, Finger an den Lippen, Lilie, Mitra zu seinen Füßen, Ölzweig, Lichtstrahl, Totenschädel, (sieben) Stern(e)
11H(JOHN THE BAPTIST) · Johannes der Täufer; mögliche Attribute: Buch, Schilfkreuz, Taufgefäß, Honigwabe, Lamm, Stab
11H(JOHN)12 · Johannes der Evangelist schreibt das Evangelium; in der Regel ist der Adler anwesend
11H(LAURENCE) · Laurentius von Rom, Märtyrer und Diakon; mögliche Attribute: Buch, Weihrauchgefäß, Kreuz, Dalmatika, Bratrost, Palme, Geldbörse (oder Kelch mit goldenen Münzen)
Iconclass Stichworte
Inschrift

PRIOR VND GEMEINER CONVENT DES · / WIRDIGEN GOTZSHVS · S · LOVRENTI · / ZV YTINGEN CARTHVSER ORDENS ·
1599
S · LAVRENTIVS // S · BRVNO

Signatur

TE

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Gut.
Johann Rudolf Rahn sah dieses Scheibchen 1890 in einem Konglomerat von Bruchstücken aus dem 15. bis 17. Jahrhundert (36.6 x 20.2 cm). Wie die alte Aufnahme des Schweizerischen Nationalmuseums Zürich zeigt, war dasselbe damals denn auch als Mittelstück in eine gössere, zusammengestückte Scheibe eingebaut.

Technik

Monolithscheibe aus farblosem Glas; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer und grüner Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Bei dem in der Inschrift nicht namentlich genannten Ittinger Prior handelt es sich um den aus Villingen stammenden Johannes Eckstein (†1613). Dieser wirkte vor seinem Amtsantritt in Ittingen bereits an anderen Orten als Prior, nämlich bis 1587 in Pleterje, 1587/88 in Freudenthal und von 1588–1595 in Freiburg in Breisgau. 1595 wurde er vom Generalkapitel schliesslich zum Prior von Ittingen erwählt. Als solcher machte er sich um Ittingen sehr verdient, indem es ihm gelang, die Schulden des Hauses zu tilgen und dessen Existenz zu festigen. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes trat er 1611 als Prior zurück. Nach seinem zwei Jahre später erfolgten Tod wurde er auf dem Ittinger Konventfriedhof zur Ruhe gesetzt (Früh, 2006, S. 131).
Eine weitere Scheibenstiftung Ecksteins, die 1604 entstand, befindet sich im Historischen Museum Thurgau (TG_270).

Laut Johann Rudolf Rahn 1890 (Nr. 202) und dem Auktionskatalog von 1891 mass die Scheibe in der Sammlung Vincent noch 36,6 x 20,2 Zentimeter, das heisst vorliegendes Figurenbild wurde damals von zahlreichen Bruchstücken umfasst. Man darf daraus folgern, dass das heute noch vorhandene miniaturhaft kleine Monolithscheibchen ursprünglich von den Wappen des Priors und der Konventsmitglieder von Ittingen umfasst war und diese Wappenrahmung infolge Zerstörung vor 1890 durch Fragmente aus anderen Glasgemälden ersetzt wurde. Zu einem späteren Zeitpunkt (vielleicht als die Scheibe 1938 nach Ittingen gelangte), wurden diese Flickstücke wieder entfernt.

Johannes Eckstein und der Ittinger Konvent gaben ihre Scheibe beim Winterthurer Glasmaler Tobias Erhart in Auftrag. Zur Darstellung kamen der Ordensgründer der Kartäuser, der hl. Bruno, sowie der Patron Ittingens, der hl. Laurentius. Auch auf anderen Stiftungen der Priore von Ittingen erscheinen diese Heiligen (vgl. TG_991, TG_74, TG_69). Wohin die Scheibe ursprünglich gestiftet wurde, ist nicht überliefert. Möglicherweise war sie für das Klösterli in Frauenfeld bestimmt. Das 1595 errichtete Kapuzinerkloster hatte sich an der Tagsatzung 1596 Fensterstiftungen der Eidgenössischen Orte erbeten (Eidgenössische Abschiede V, S. 1378, Art. 497 (1596); vgl. Knoepfli, 1950, S. 123). Sehr wahrscheinlich erhielt das Kloster anlässlich seiner Gründung auch Fenstergaben der umliegenden Klöster, wie demjenigen Ittingens.

Die Scheibe wird genannt in:
Rahn, 1890, Nr. 202.
Heberle, 1891, Nr. 184.
Boesch, 1955, S. 19.
Früh, 1983, S. 194, Abb. 6.
Guhl, 1991, S. 22.
Früh, 1992, S. 92.

Datierung
1599
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Stiftung Kartause Ittingen

Vorbesitzer*in

1831–1890 Sammlung Johann Nikolaus Vincent, Konstanz · vor 1938 Oberst Victor Fehr (Ankauf für Ittingen; vgl. Früh, 1983, S. 194).

Nach Boesch (1955, S. 19) befand sich die Scheibe 1955 im Historischen Museum St. Gallen. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um eine Fehlangabe.

Inventarnummer
SKI 87

Bibliografie und Quellen

Literatur

Boesch, P. (1955). Die alten Glasmaler von Winterthur und ihr Werk. 286. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur. Winterthur: Gemsberg-Druck.

Früh, M. (1983). Glasgemälde im Zusammenhang mit der Kartause Ittingen. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 40. Zürich: Verlag Karl Schwegler AG.

Früh, M. (1992). Führer durch das Ittinger Museum in der Kartause Ittingen. Frauenfeld: Kanton Thurgau, Ittinger Museum.

Früh, M. (2006). Ittingen, Kartäuser. In B. Andenmatten, (Red.). Les Chartreux en Suisse. Helvetia Sacra (HS), Section III: Les Ordres suivant la règle de Saint-Benoît, vol. 4 (S. 101–139). Bâle: Editions Schwabe.

Guhl, H. (Red., 1991). Die Museen des Kantons Thurgau in der Kartause Ittingen. Frauenfeld: Thurgauische Museumsgesellschaft.

Heberle, J.M., Köln (1891). Katalog der reichhaltigen Kunst-Sammlung der Herren C. und P.N. Vincent in Konstanz am Bodensee. Versteigerung zu Konstanz am Bodensee, den 10. September 1891. Köln.

Knoepfli, A. (1950). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. I: Der Bezirk Frauenfeld. Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Basel: Verlag Birkhäuser.

Rahn, J. R. (1890). Die schweizerischen Glasgemälde in der Vincent'schen Sammlung in Constanz. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XXII, Heft 6.

Weiteres Bildmaterial

Schweizerisches Nationalmuseum Zürich, Foto 39165 · Amt für Denkmalpflege Thurgau

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_WarthWeiningen_EhemaligeKartauseIttingen_TG_73
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2018
Copyright
© Kunstmuseum Thurgau / Ittinger Museum
Eigentümer*in

Stiftung Kartause Ittingen

Inventar

Referenznummer
TG_73
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020