Research
Die vorliegende Stiftung ist eine der frühesten im Kanton erhaltenen Standesscheiben Freiburgs, nach jener von Urs Werder im Museum für Kunst und Geschichte Freiburg (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 26) und jener in Barberêche (FR_235). Sie entstand sicher früher als die Standesscheibe von 1523 (FR_29), welche mit Arbeiten des Berner Glasmalers Jakob Meyer in Zusammenhang steht. In der fraglichen Zeit um 1515/20 wurden in Freiburg vor allem Hans Werro († 1517), Rudolf Räschi und Sebastian Techtermann mit öffentlichen Aufträgen bedacht. In der Komposition der schmalen Architektur mit dünnen Säulchen, und in der Art des von Rankenwerk umspielten Astwerkbogens mit der preziös feinen Schwarzlotmalerei zeigt sich die Scheibe mit den Rudolf Räschi zugeschriebenen Scheiben verwandt (vgl. FR_21, FR_22, FR_23, FR_24, FR_25). Die Kapitelle seiner Rahmensäulen weisen jedoch meist eine andere charakteristische, eher kissenartige Form auf. Allein in den architektonischen Elementen kommt dem vorliegenden Glasgemälde auch der Riss für eine Berner Standesscheibe sehr nahe, der dem verwendeten Papier zufolge kaum vor 1520 entstanden sein kann, möglicherweise aber die Kopie einer etwas älteren Zeichnung darstellt (Bernisches Historisches Museum Bern, Sammlung Wyss, Inv.-Nr. 20036.576; Hasler 1996/1997. Bd. I. S. 142–143, Nr. 148; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 20.1). Der Riss wurde von Hans Lehmann und Bernhard Anderes mit einer Standesscheibe von Freiburg im Schweizerischen Nationalmuseum Zürich in Zusammenhang gebracht, die von Lehmann als Arbeit Hans Hänles in Bern, von Anderes als Frühwerk Hans Funks um 1510 angesprochen wurde (Schneider 1971. Bd. I. S. 55, Nr. 114; Foto SLM 54133; Lehmann ASA 1913. S. 110, Taf. XIVa und b [Hans Hänle, Bern, zugeschrieben]; Anderes 1963. S. 112–114, Abb. 75 und 76; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 20.2). Die Löwen der in Zürich aufbewahrten Freiburger Standesscheibe unterscheiden sich jedoch wesentlich im Temperament von jenen des Risses und jenen der vorliegenden Scheibe und kommen einer Berner Standescheibe näher, die ehemals der Sammlung des Grafen von Harrach in Oberhofen angehörte (Foto SLM 20176. Heutiger Standort unbekannt. Diese wiederum unterscheidet sich stark in der Behandlung der Augen von dem Zürcher Stück). Die vorliegende Standesscheibe ist dagegen von den Arbeiten Hans Funks zwischen 1513 und 1525 stark beeinflusst. Vor allem die dichten korkenzieherartig gelockten Mähnen der Löwen und der feine Hobelspandamast erinnern an Werke der Funk-Werkstatt in Kerzers von 1513 (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 125 und 126) und in der Pérolles-Kapelle von 1526 (FR_2 und FR_3). Der Glasmaler bleibt jedoch stilistisch eigenständig und vor allem auch den gotischen Architekturformen verbunden. In Freiburg steht der Standesscheibe eine ebenfalls undatierte Stiftung Humbert von Praromans im Vitromusée Romont am nächsten, die den gleichen Hintergrund und einen ähnlichen Charakterkopf in der Bracke der Helmzier aufweist (VMR_408_FR_297). Aufgrund der mit den Arbeiten für die Kapelle St. Wolfgang vergleichbaren schlanken Rahmenarchitektur mit ihren verzogenen, stofflich wirkenden Kapitellen bietet sich am ehesten Rudolf Räschi als Autor der vorliegenden Scheibe an. Die Hans Werro († 1517) bislang zuweisbaren Arbeiten wirken gedrungener, und für Sebastian Techtermann liegen keine direkten Vergleichswerke vor. Zur Freiburger Scheibe hat sich ein Pendant in Form einer Berner Standesscheibe erhalten, die sicher vom gleichen unbekannten Bestimmungsort stammt und sich später in der gleichen Privatsammlung befand. Sie entspricht in der künstlerischen Ausführung und in der Komposition ihrem Freiburger Gegenstück nahezu bis ins Detail und ist ebenfalls undatiert (noch heute Privatbesitz Zürich. Grösse: 37 x 25,5 cm im Licht).
Dating
Um 1515/20
Period
1505 – 1530
Date of Receipt
1997
Original Donor
Donor / Vendor
Sibyll Kummer-Rothenhäusler
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Previous Owner
Fritz Dold, Zürich. Aus dem Nachlass Sibyll Kummer-Rothenhäusler 1997 erworben.
Inventory Number
MAHF 1998-020