Die vorliegende Scheibe kann aufgrund einer fehlenden Inschrift keinem bestimmten Stifter aus der bedeutenden Familie von Diesbach mit Sicherheit zugewiesen werden. Schloss und Kapelle gehörten 1526 der Familie nicht mehr, denn die Töchter des 1522 verstorbenen Christoph von Diesbach hatten das Anwesen ihrem Vetter Wilhelm von Arsent, dem Sohn des auf tragische Weise hingerichteten Franz von Arsent verkauft (vgl. FR_236). Das Datum 1528 über einem Fenster im Erdgeschoss weist darauf hin, dass der neue Schlossherr grössere Bauarbeiten in Angriff nahm. Aus der fraglichen Zeit stammen auch zwei Renaissancedecken im Schloss (Dass nicht der Genfer Kaufmann und Staatsmann Besançon Hugues [um 1491–1532/33], Führer der eidgenössischen Partei, der sich gegen die Machenschaften des Herzogs Karl II. von Savoyen aufgelehnt und in Freiburg Zuflucht gesucht hatte, zu dieser Zeit Bauherr war, sondern erst 1530 in Pérolles residierte, hat Naef 1934. S. 404–411 schlüssig nachgewiesen. Zurich 1928. S. LXV liess noch beide Möglichkeiten offen. Nach Mandach 1932–1945. S. 10 und Freiburger Skulptur 2011. Bd. 2. S. 376 bewohnte Besançon Hugues das Schloss schon 1525. Zu Hugues vgl. Dumont 1961. S. 228; HBLS IV, 1927. S. 317; HLS VI, 2007. S. 525).
Wilhelm von Arsent (* um 1497–1538) war über seine Mutter Margaretha von Diesbach, einer Halbschwester des ehemaligen Schlossbesitzers Christoph, mit der Berner Familie von Diesbach verwandt. Die ganze Familie von Diesbach hatte sich auf die Seite des verurteilten Franz von Arsent geschlagen und für ihn vergebens um Gnade gebeten. Wilhelm von Arsent, geprägt durch den brutalen Tod seines Vaters, erlitt ein ebenso trauriges Schicksal. Zunächst im Rat der Zweihundert 1518/19 und der Sechzig 1519/20 und 1531, wurde er 1520–1524 Ratsherr und 1520–1523 Bürgermeister in Freiburg (Foerster 2008/I. S. 10). 1519 hatte er, gemeinsam mit seinem Bruder Peter, eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternommen. Als Ehemann der Zürcherin Verena Schmid neigte er jedoch zu den Reformatoren. 1531 schlug er sich gar bei der Schlacht von Kappel auf die Seite der Zürcher. 1536 wurde er aus Freiburg verbannt. Schon 1520 war der Abenteurer in französische Dienste getreten, musste jedoch endlos um seinen Sold streiten, worauf er sich am 24.11.1537 an französischen Studenten in Basel rächte und einen dabei tötete. Wilhelm von Arsent floh nach Lothringen, wurde aber von seinem Diener verraten und an den französischen König Franz I. ausgeliefert, der ihn 1538 hinrichten liess. Als er sich als Schlossherr in Pérolles aufhielt, verlief das Leben Wilhelm von Arsents allerdings noch in geregelten Bahnen. Sicher werden ihn seine Verwandten und Freunde bei seinen Renovationen mit Wappenstiftungen unterstützt haben. Als Scheibenstifter der vorliegenden Diesbach-Scheibe ohne Namensbezeichnung käme aufgrund seiner Lebensdaten noch knapp Ludwig II. von Diesbach (1452–1527) in Betracht. Der Grossonkel Wilhelm von Arsents hat uns seine autobiographischen Aufzeichnungen hinterlassen (Zahnd 1986) und war Vater Ludwig III. von Diesbachs (FR_ 2). Eine von ihm und seiner Frau Agatha von Bonstetten bald nach 1520 in die Kirche Ligerz gestiftete Scheibe stammt sicher aus der gleichen Glasmalerwerkstatt (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 1.4; Lehmann ASA 1915. S. 60–61, Abb. 9; Amweg 1941. S. 460; Moser. Kdm BE Land III. 2005. S. 364, Nr. 12, Abb. 434; BE_427).
Die sechs kleineren Wappenscheiben (FR_1, FR_2, FR_3, FR_4, FR_5, FR_6), von denen fünf das Datum 1526 zeigen, stammen wohl ursprünglich aus dem Schloss Pérolles. Die Glasgemälde enthalten – wie die kleinformatigen Scheiben des 17. Jahrhunderts – Ergänzungen, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vorgenommen wurden. Stefan Trümpler nahm daher an, dass diese vergleichsweise kleinen Scheiben bei einer grösseren Restaurierung um 1885 aus dem Schloss in die Kapelle gelangten (Zwei runde Wappenscheiben Reynold-Pettolaz mit dem Datum 1885 befanden sich noch 1932 im oberen Abschluss des Chorhauptfensters. Trümpler Bestandesuntersuchung 1989. S. 6. Auf einem Foto der Kapelle aus dem Jahr 1869 [Archives de Zurich, Barberêche] ist allerdings erkennbar, dass sich schon damals vier der sechs Scheiben im Südfenster befanden). Das Anwesen gehörte zu dieser Zeit der Familie de Zurich-de Reynold. Pierre de Zurich (1881–1947) kaufte später aus dem Kunsthandel weitere Freiburger Scheiben an und zierte damit sein Schloss Pérolles und anschliessend sein Schloss Barberêche (Vgl. Zurich 1928. Pl. 19, 1 und 4; heute Privatbesitz FR_368, FR_390, FR_391, FR_392, FR_418).
Der Wappenscheibenzyklus in der Pérolles-Kapelle wurde von Mandach und den folgenden Autoren, wie Anderes 1963, einhellig dem Berner Glasmaler Hans Funk zugeschrieben. Die heutige Forschung geht die Frage nach der Autorschaft etwas vorsichtiger an. Nach Stefan Trümpler muss die Zuschreibung an Hans Funk solange fraglich bleiben, als das persönliche Werk Funks, Atelierarbeiten und durch ihn geprägte Scheiben von Berner Zeitgenossen und Nachfolgern nicht besser auseinanderzuhalten sind (Trümpler Bestandesuntersuchung 1989. S. 6). Er räumt immerhin aber ein, dass die Zuschreibung der Qualität und Bildgestaltung wegen durchaus ihre Gründe hat. So erinnern das sehr fleischige Rankenwerk mit den quellenden Früchten und die relativ gedrückten Proportionen in der Tat stark an die Werke Hans Funks. Gesicherte Scheiben, die das Monogramm Funks zeigen, sind in dieser Zeit zwei 1522 von St. Urban nach Wettingen gestiftete Scheiben sowie eine Gruppe von Wappen- und Bannerträgerscheiben im Rathaus von Lausanne um 1528 (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 1.5; Grandjean. MAH/Kdm VD I. 1965. S. 413–418; Hoegger 2002. S. 319–320. Zu Funk s. auch Kurmann-Schwarz 1998. S. 375). Die privaten Scheiben der Pérolles-Kapelle sind jedoch in ihrem ganzen Aufbau und Aufwand schlichter als die erwähnten Stiftungen. Das Motiv der „ausgestanzten“ Helmdeckenblättchen, das in jüngerer Zeit mehrfach betont wurde, lässt sich hier zudem noch nicht finden (Kurmannn-Schwarz 1998. S. 481; Hasler 2002. S. 255). Funks Werkstatt bestand fraglos aus verschiedenen Mitarbeitern, welche die zahlreichen Aufträge bewältigen mussten (Hasler in BLSK I, 1998. S. 369). Es wäre jedoch müssig, beim heutigen Kenntnisstand hier individuelle Hände unterscheiden zu wollen. Aufgrund ihrer heraldischen Höflichkeits-Wendung wird die Scheibe ehemals ein Pendant in einer Frauenscheibe oder in der nächstfolgenden Stiftung besessen haben.